Will der Verantwortliche als Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung sein berechtigtes Interesse, bzw. das eines Dritten (Art. 6 (1) f DSGVO) zugrunde legen, so muss er dieses gegen die schutzwürdigen Interessen, Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Personen abwägen.
Die Verarbeitung der personenbezogenen Daten darf nur erfolgen, wenn die Interessen der betroffenen Personen gegen diese Verarbeitung nicht überwiegen. Diese Arbeitshilfe unterstützt Sie dabei, die Interessen beider Seiten strukturiert gegeneinander abzuwägen und dies zu dokumentieren.
Zunächst müssen Sie prüfen, ob die geplante Verarbeitung der personenbezogenen Daten überhaupt für eine Interessenabwägung geeignet ist.
Hierfür legen Sie im ersten Schritt dar, was Sie mit der Verarbeitung erreichen wollen, d.h. welchen Zwecken/Zielen die Verarbeitung der personenbezogenen Daten dienen sollen.
Sofern Sie die Verarbeitung bereits in Ihrem Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten (VVT) beschrieben haben, können Sie die dort angegebenen Zwecke direkt in Ihre Interessenabwägung übernehmen. Andernfalls können Sie die hier aufgeführten Zwecke in Ihr VVT übernehmen, sobald Sie die Verarbeitungstätigkeit dort beschreiben. Die Zwecke sollten in jedem Fall übereinstimmen.
Im zweiten Schritt wird die Frage erörtert, ob die geplante Verarbeitung der personenbezogenen Daten überhaupt geeignet ist, um das gewünschte Ziel zu erreichen.
Kommen Sie zu dem Schluss, dass dies nicht der Fall ist, so können Sie die Interessenabwägung hier abbrechen. Sie müssen sich eine andere Vorgehensweise zur Zielerreichung überlegen. Bei einer positiven Antwort sollten Sie die Begründung dokumentieren.
Im dritten Schritt wird geklärt, ob die geplante Verarbeitung tatsächlich erforderlich ist, um das gewünschte Ziel zu erreichen. Ist die Verarbeitung verhältnismäßig und werden nur die dafür erforderlichen Daten verarbeitet?
Oder kennen Sie ein milderes, ebenso effektives und wirtschaftlich vertretbares Mittel, mit dem das Ziel erreicht werden kann? In diesem Fall müssen Sie dieses einsetzen und können die Interessenabwägung hier abbrechen. Dokumentieren Sie das Ergebnis dieser Überprüfung.
Sind Eignung und Erforderlichkeit der Verarbeitung für die genannten Zwecke gegeben, so können Sie mit der eigentlichen Abwägung beginnen. Hierfür legen Sie zunächst die relevanten Interessen der beteiligten Parteien, um sie dann gegeneinander abzuwägen.
Legen Sie dar, welchen Nutzen Sie oder ein Dritter aus der geplanten Verarbeitung ziehen? Der Nutzen – also das Interesse – kann z.B. wirtschaftlicher, ideeller oder rechtlicher Natur sein. Auch das Grundrecht auf unternehmerische Freiheit (Art. 16 GRCh) kann herangezogen werden.
Berechtigt kann ein Interesse aber nur dann sein, wenn es im Einklang mit der Rechtsordnung steht – illegale oder diskriminierende Beweggründe sind also ausgeschlossen. Das Interesse muss klar formuliert werden und darf nicht rein spekulativ sein.
Haben Sie als Verantwortlicher ein Interesse, das gegen die Verarbeitung spricht, so können Sie auch dieses mit aufnehmen. Dieser Fall wird aber wohl eine Ausnahme bleiben.
Ermitteln Sie die Interessen der betroffenen Personen, auf die sich die geplante Verarbeitung auswirken könnte. Die Auswirkungen können negativ, aber auch positiv sein und damit für die Verarbeitung sprechen. Idealerweise beziehen Sie die betroffenen Personen spätestens ab diesem Schritt in die Abwägung mit ein.
Relevante Interessen können z.B. Abwehr von wirtschaftlichen Nachteilen, Diskriminierung, Identitätsdiebstahl, finanziellen Verlusten oder Rufschädigung sein. Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Personen sind z.B. Vertraulichkeit der Kommunikation, freie Meinungsäußerung und Informationsgewinnung (Art. 7, 11 GRCh).
Nun müssen Sie Ihre berechtigten Interessen, bzw. die eines Dritten gegen die Interessen der betroffenen Personen abwägen. Was spricht aus Sicht der betreffenden Partei für die Verarbeitung, was dagegen? Bei der Abwägung sollten entsprechend dem Grundsatz von "Treu und Glauben" folgende Aspekte berücksichtigt werden:
Meist wird durch die Gegenüberstellung der Interessen bereits klar erkennbar, welche Interessen überwiegen, so dass eine Entscheidung für oder gegen die Verarbeitung leicht getroffen werden kann.
In komplexen Fällen sollten Sie sich Unterstützung durch eine:n Expert:in holen. Gemeinsam können Sie eine sinnvolle Gewichtung der sich gegenüberstehenden Interessen vornehmen, um zu einem Ergebnis zu kommen.
Hierfür gibt es keine allgemein gültigen Regeln. Ein verfassungsrechtlich anerkanntes Interesse wiegt schwerer als ein einfachgesetzliches; ein Interesse, das nicht nur dem Verantwortlichen, sondern auch der Allgemeinheit dient, ist gewichtiger als das Interesse Einzelner.
Hinweis: Ohnehin bestehende Pflichten aus der DSGVO (z.B. Informationspflichten, Sicherheit der Verarbeitung) können nicht zugunsten des Verantwortlichen/Dritten berücksichtigt werden.
In Anlehnung an diese Anleitung haben wir ein Formular erstellt, das Sie herunterladen und für die Durchführung der Interessenabwägung verwenden können.
Lizenz: CC BY-SA 4.0 DE = darf kommerziell verwendet werden, wenn Sie auf diese Seite verlinken.
Stand: 04.09.2023. Wir freuen uns aber über fachliche Anmerkungen und Verbesserungsvorschläge.